Dienstag, 30. Juli 2013

Und so beginnt Werne-Krimi Teil 6!

Das Manuskript ist im Lektorat und erscheinen wird der neue Werne-Krimi 2013 etwa Anfang November. Hier aber schon einmal vorab eine kleine Leseprobe. Wie Sie sehen, werden die Werne.Krimis jetzt international. Das geht aber keinesfalls zulasten des gewohnten Lokalkolorits.


"Benjamin Taylor trat ungeduldig von einem Bein auf das andere. Seit zwei Stunden wartete er nun darauf, dass endlich die Entladung des Containerschiffs aus New York beginnen würde. Er hatte eine Sondergenehmigung, den Entladevorgang selbst zu überwachen. Aber er war ungeduldig. Draußen, vor den Hafenanlagen, warteten die Sattelschlepper. Insgesamt fünf Stück waren es, die bald das Lebenswerk von Benjamin Taylor durch Deutschland fahren sollten. Er musste lächeln. Er war gerade einmal 32 Jahre alt, konnte man da schon von einem Lebenswerk sprechen? Er dachte daran, wie das alles angefangen hatte.


***

Benjamin Taylor war der einzige Sohn von Frank Taylor, einem Industriellen aus New York. Dass der Junge Maschinenbau und Elektronik studieren würde, war im Hause Taylor niemals eine Frage. Schließlich sollte er eines Tages das Familienunternehmen übernehmen. Für Benjamin war das überhaupt kein Problem. Technik und Elektronik interessierten ihn ungeheuer. Sein Lebensweg schien vorgezeichnet. Immer wieder machte er schon während seiner Studienzeit durch innovative Entwicklungen und technische Neuerungen in der Entwicklungsabteilung von Taylor Industries auf sich aufmerksam. Aber Benjamin Taylor hatte noch eine viel größere Leidenschaft. Ihn faszinierten die Fahrgeschäfte in den Freizeitparks, von denen es in den USA unzählige gab. Er träumte davon, eines Tages sein eigenes Fahrgeschäft zu entwerfen, zu bauen und zu betreiben. Diese Pläne behielt er jedoch lange Zeit für sich.
Als Sohn eines Unternehmers gehörte Benjamin Taylor zum elitären Kreis der Studenten aus der Oberschicht. Immer wieder aber gab es Stipendien für besonders begabte junge Leute, die sich den Besuch dieser Universität sonst nicht hätten leisten können. Sie wurden von den meisten Studenten gemieden. Umso verwunderlicher war es, dass sich ausgerechnet Benjamin Taylor mit einem von ihnen anfreundete.

Toni Banderoso stammte aus Little Italy, dem italienischen Viertel von New York. Sein Vater war Fleischer, seine Mutter ging putzen. Keine guten Voraussetzungen, um sich an der Uni wirklich durchzusetzen. Aber Toni Banderoso hatte etwas mit Benjamin Taylor gemeinsam. Auch ihn faszinierten außergewöhnliche Fahrgeschäfte. Die beiden jungen Männer waren eigentlich nur zufällig am Rande einer Sportveranstaltung ins Gespräch gekommen. Für das Publikum waren hier einige Karussells aufgebaut worden. Ganz beiläufig hatte Toni geäußert:
»Das ist doch alles Kinderkram. Das könnte man viel spezieller und viel spektakulärer bauen.«
Benjamin hatte ihn etwas irritiert angesehen.
»Wie meinst du das? Interessierst du dich für Fahrgeschäfte?«
Begeistert hatte Toni genickt.
»Ich würde gern selbst mal so ein Ding bauen, aber ich glaube, das würde ich allein niemals schaffen.«
Benjamin hatte damals nur mit den Achseln gezuckt und den kleinen Italiener einfach stehen gelassen. Aber die Bemerkung ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Da war jemand, der dieselben Träume hatte wie er. Vielleicht war das ein Fingerzeig des Schicksals. Ein paar Tage später wartete Benjamin auf dem Campus auf Toni Banderoso. Sie hatten die ersten Examen hinter sich gebracht, das Ende des Studiums rückte näher. Wenn er jetzt nicht mit Toni sprach, wäre der vermutlich aus seinem Leben verschwunden, bevor sich eine neue Gelegenheit ergab.
Als Toni über den Campus auf Benjamin zuging, hob der die Hand. Toni reagierte nicht. Er war sicher, dass er nicht gemeint war. Keiner dieser Studenten würde freiwillig mit ihm reden wollen. Auch dieser Taylor nicht, obwohl er vor ein paar Tagen recht nett zu ihm gewesen war.
»Toni? Du heißt doch Toni, oder?«
Irritiert nickte Toni Banderoso.
»Eigentlich Antonio, meine Eltern sind aus Italien. Aber Toni ist vollkommen o. k.«
»Komm mit, wir müssen reden.«
Benjamin wartete gar nicht ab, ob der andere ihm auch tatsächlich folgte. Er ging schnurstracks auf seinen am Straßenrand abgestellten Pontiac zu. Toni folgte ihm, vorsichtig und ungläubig. Was sollte das? Bisher hatte ihn noch nie jemand von denen aufgefordert, mit ihm zu reden oder irgendwohin zu fahren. Was wollte dieser Kerl nur von ihm? Aber er stieg trotzdem in das Auto. Dann fasste er sich ein Herz.
»Worüber willst du denn mit mir reden? Ich meine, es ist ja nicht gerade üblich, dass sich einer von euch ...«
Er stockte. Er hatte so etwas wie „reiche Bengel“ sagen wollen, aber das wäre beleidigend gewesen. Schließlich schien dieser Benjamin Taylor ja eigentlich ganz nett zu sein.
Benjamin grinste.
»Ich weiß schon, wie wir von euch genannt werden. Aber manchmal scheinen die Dinge anders, als sie sind. Du hast gesagt, du träumst davon, mal ein eigenes Fahrgeschäft zu bauen. Genau das tue ich auch. Jeder von uns allein dürfte kaum eine Chance haben, seinen Traum zu verwirklichen. Aber vielleicht schaffen wir es ja gemeinsam, was meinst du?«
Toni riss die Augen auf.
»Du meinst, du und ich? Zusammen? Wie soll das denn funktionieren?«
»Das weiß ich auch noch nicht genau. Wenn ich mit meinem Studium fertig bin, fange ich in der Fabrik meines Vaters in der Konstruktionsabteilung an. Was hast du vor, wenn du bestanden hast?«
Toni zuckte mit den Schultern. Er hatte sich darüber noch gar keine Gedanken gemacht. Er würde Bewerbungen schreiben, Absagen kassieren und vielleicht irgendwann in irgendeiner kleinen Firma anfangen können, die möglicherweise von Italienern gegründet worden war. Die ach so gerühmte Chancengleichheit gab es in New York noch nicht wirklich. Hier zählten immer noch Name und Herkunft und der Sohn eines italienischen Fleischers hatte beileibe nicht dieselben Chancen wie ein Unternehmerssohn aus der High Society.
»Ich habe eine Idee. Ich werde mit meinem Vater sprechen. Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn es mir nicht gelingen würde, dir auch einen Job in der Konstruktionsabteilung von Taylor Industries zu besorgen. Dann könnten wir zusammenarbeiten.«
Toni hielt die Luft an. Taylor Industries? Das war eines der größten Industrieunternehmen im Umkreis von mindestens 200 Meilen. Es wäre eine einmalige Chance für ihn, dort arbeiten zu können. Dafür würde er alles tun.
»Und du meinst, das würde funktionieren? Ich meine, dass dein Vater mir einen Job gibt?«
Benjamin nickte.
»Ich denke, das wird gar nicht so schwierig werden. Mein Vater ist so begeistert über meine guten Abschlussarbeiten und darüber, dass ich bald in seine Fußstapfen trete, der erfüllt mir diesen Wunsch sicher. Also, ich würde vorschlagen, du machst eine Bewerbungsmappe fertig. So ganz ohne Formalien wird das nicht gehen, wegen der Personalchefs. Um alles andere kümmere ich mich dann. Wir werden ein paar Monate brauchen, bis wir uns eingearbeitet haben und danach fangen wir an, das spektakulärste Fahrgeschäft zu entwerfen, das es in den USA jemals gegeben hat.«
Toni ließ sich von der Euphorie seines neuen Freundes anstecken.
»In den USA? In der ganzen Welt, Benjamin. In der ganzen Welt.«"


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